Cyber-Mobbing
Mit den aus dem Englischen kommenden Begriffen Cyber-Mobbing, auch Internet-Mobbing, Cyber-Bullying sowie Cyber-Stalking werden verschiedene Formen der Diffamierung, Belästigung, Bedrängung und Nötigung anderer Menschen oder Firmen mit Hilfe elektronischer Kommunikationsmittel über das Internet, in Chatrooms, beim Instant Messaging und/oder auch mittels Mobiltelefonen bezeichnet. Dazu gehört auch der Diebstahl von (virtuellen) Identitäten, um in fremden Namen Beleidigungen auszustoßen oder Geschäfte zu tätigen usw.
Eine repräsentative Studie der Universität Münster zusammen mit der Techniker Krankenkasse kam 2011 zu dem Ergebnis, dass mittlerweile 32 % (in NRW sogar 36 %) der Jugendlichen und jungen Erwachsenen als Opfer von Cybermobbing betroffen sind. 21 % der Befragten konnten sich vorstellen, auch als Täter im Internet aufzutreten.<ref>Umfrageergebnisse TK</ref>
Inhaltsverzeichnis |
Entwicklung
Opfer werden durch Bloßstellung im Internet, permanente Belästigung oder durch Verbreitung falscher Behauptungen gemobbt. Die Täter werden in diesem Zusammenhang auch als Bullies bezeichnet.
Die Motive sind sehr vielschichtig: Außenseiter werden z.B. in Chatrooms schikaniert; man versucht, Konkurrenz klein zu halten oder Freunden zu imponieren; unter Umständen werden Mobbingopfer zu Tätern: Sie wehren oder rächen sich.
Zunächst gewann das Phänomen vor allem im Zusammenhang mit Schülern, die Videos oder Bilder von Lehrern bearbeiteten und anschließend ins Internet gestellt haben, an Bedeutung.<ref>'Von Schülern verhöhnt – und die ganze Welt sieht zu. In: spiegel.de, SchulSPIEGEL, 10. April 2007</ref>
Mittlerweile ist Internet-Mobbing unter Schülern verbreitet und erfolgt per Handy, Chat, sozialen Netzwerken wie SchülerVZ oder Videoportale wie YouTube oder eigens erstellten Internetseiten; 2010 berichten allgemein bereits 25 % der Nutzer eines soziales Netzwerks von Beleidigungen und Bedrohungen.<ref name="DLF_31.10.010">Manuela Lundgren: Virtuelle Belästigung mit realen Folgen - Immer mehr Jugendliche klagen über Mobbing im Internet. In: dradio.de, Deutschlandfunk, Hintergrund, 31. Oktober 2010, </ref><ref>WDR Interview wdr.de</ref> Einzelne Untersuchungen zeigen, dass in Deutschland mittlerweile über ein Drittel der (Oberstufen-)Schüler innerhalb eines Zeitraumes von zwei Monaten mindestens einmal als Opfer von Cyber-Mobbing betroffen sind und über die Hälfte der Schüler als Täter aktiv werden, beides mit steigender Tendenz.<ref>T. Porsch, Vortrag auf dem Fachtag Cybermobbing, Münster, November 2010: Was haben wir mit Cyberbullying zu tun? Eine Untersuchung mit SchülerInnen im Münsterland.</ref>
Die Grenzen sind fließend: Die Hemmschwelle, im Internet andere auszulachen oder zu verhöhnen, ist gering. In der Anonymität des World Wide Web muss ein Täter seinem Opfer nicht in die Augen blicken, eine unmittelbare Rückmeldung für das eigene Verhalten bleibt (zunächst) aus und in der Folge auch das Bewusstsein und Empfinden für das mögliche Ausmaß und die Qualität der Verletzung der Betroffenen. Es ist einfach, Unwahrheiten zu äußern oder herumzuschimpfen. Dieser Effekt wird auch als Online Disinhibition Effect (dt. Online-Enthemmungseffekt) bezeichnet: Es fällt Menschen, insbesondere Jugendlichen, schwerer, ihre Impulse zu zügeln, wenn soziale Kontrolle wegfällt oder nicht spürbar ist.<ref>Das Fehlen von Autoritätspersonen in diesem nicht überwachten Raum ermutigt Menschen, ihren Impulsen nachzugeben. […] In der Hand junger Menschen, die noch nicht gelernt haben, ihre Impulse zu kontrollieren, werden digitale Medien unter Umständen zu gefährlichen Waffen. John Palfrey, Urs Gasser: Generation Internet, Die Digital Natives: Wie sie leben - Was sie denken – Wie sie arbeiten. – S. 113</ref>
Im Jahr 2008 erschien das Buch Generation Internet von John Palfrey und Urs Gasser, zwei Rechtsprofessoren aus den USA und der Schweiz. Sie stufen das Thema Cyberbullying als eines der größten Risiken ein, welche den Digital Native bedrohen, den in die Internetwelt hinein geborenen Jugendlichen.<ref>John Palfrey, Urs Gasser: Generation Internet, Die Digital Natives: Wie sie leben – Was sie denken – Wie sie arbeiten. – S. 106</ref> Mädchen werden hierin als besonders Betroffene bezeichnet.<ref>John Palfrey, Urs Gasser: Generation Internet, Die Digital Natives: Wie sie leben – Was sie denken – Wie sie arbeiten. – S. 112</ref>
Opfer
Kinder, die im virtuellen Medium gemobbt werden, waren oft bereits vorher im wirklichen Leben ein Angriffsziel von Mobbing. Besondere Angriffsflächen bieten dabei Kinder und Jugendliche, die bereits wegen ihres Aussehens (zu dick - zu dünn etc.) stigmatisiert werden.
Die meisten Patienten (Opfer und Täter) in der Kinder- Jugendpsychiatrie im Wilhelmstift in Hamburg sind Schüler zwischen 11 und 16 - einem besonders schwierigen Entwicklungsalter (Pubertät) mit einer hohen Empfindlichkeit für das mögliche Erleiden und auch Zufügen von Verletzungen. Vorlage:Zitat
Betroffene finden unter Umständen keine angemessene Hilfe bei Eltern oder Lehrern, da diesen die Problematik teilweise unbekannt ist<ref>Vorlage:Der Spiegel</ref> bzw. sie die Anzeichen nicht (er)kennen und wahrnehmen.
Täter
Täter sind mit einem etwa gleichen Anteil Jungen und Mädchen. 2008 haben in einer Studie 16 % der Befragten angegeben, selbst schon einmal im Internet gemobbt zu haben - 40 % von ihnen empfanden dies wie einen Streich. Vorlage:Zitat
Symptome
Was als Scherz empfunden wird, kann dramatische Folgen nach sich ziehen, wie zum Beispiel soziale Isolierung, Stress, psychische Probleme oder Suizid: Vorlage:Zitat
Folgen
Im September 2009 hatte sich in Großbritannien ein junges Mädchen das Leben genommen, weil es online gemobbt wurde. Es war bereits der dritte Fall in England innerhalb von zwei Jahren.<ref name="DLF_31.10.010" />
Ein jüngstes Beispiel für Cyber-Mobbing ist der Fall Amanda Todd<ref name="createordie.de">http://createordie.de/cod/news/Video-vor-dem-Selbstmord-Amanda-Todd-erzaehlt-bei-YouTube-ihre-Geschichte-065143.html</ref>: Die 15-jährige Kanadierin hat sich im Oktober 2012 nach jahrelangem Cyber-Mobbing das Leben genommen: In der siebten Klasse begann sie im Internet, neue Kontakte zu Fremden zu knüpfen. Eines Tages bat sie ein Cam-Chat-(Kamera-Chat)-Partner, ihm vor der Kamera am PC ihre Brüste zu zeigen. In seiner jugendlichen Unbedarftheit folgte der Teenager dem Wunsch des Fremden, anschließend meldete sich dieser via Facebook wieder bei ihr und versuchte, sie mit den Nacktaufnahmen, die er per Screenshot vom Cam-Chat gemacht hatte, zu erpressen: Als die Jugendliche nicht darauf einging, verschickte der Mann die Bilder an ihre Freunde und Bekannten. Daraufhin fiel Amanda in eine Depression, ihr Umfeld distanzierte sich von ihr; Amanda wechselte mehrfach die Schule und beging nach einem ersten Selbstmordversuch schließlich tatsächlich Suizid.<ref name="createordie.de"/>
Erscheinungsformen
Zwischen Jugendlichen
Beim klassischen (realen) Schulmobbing wird das Opfer vor den Augen der ganzen Klasse verprügelt, beschimpft, ausgegrenzt. Hier besteht allerdings die Möglichkeit für einen Entspannungs-, Deeskalationsraum z.B. nach der Schule.<ref name="DLF HG 28-12-011"/>
Im Cyberspace mobben Kinder und Jugendliche anders, beispielsweise setzen sie hinter dem Rücken ihres Mitschülers anonym per Handy ein Gerücht in die Welt, Betroffene werden per Handykamera gefilmt, unter Umständen in auch aktiv herbeigeführten entwürdigenden, bloßstellenden oder gewalttätigen Situationen. Hier gibt es kein Entkommen, das Internet vergisst nichts, Einträge zu löschen, gestaltet sich außerordentlich schwierig und aufwändig.
Mittlerweile gibt es hierzu erste wissenschaftliche Untersuchungen.<ref>Isabel Fannrich-Lautenschläger: Virtuelle Beleidigungen – Neueste Forschungen zu Mobbing im Internet von Anja Schultze-Krumbholz, Catarina Katzer. In: dradio.de, Deutschlandfunk, Studiozeit, Aus Kultur- und Sozialwissenschaften, 12. November 2009. (25. März 2010)</ref> Dabei wurde festgestellt, dass in Deutschland derweil etwa jeder fünfte Jugendliche beteiligt ist, also entweder als Täter, als Opfer oder als sogenanntes Täteropfer, welches sowohl Täter als auch Opfer wird. Dies wird als ein relativ hoher Wert angesehen, deckt sich aber nach Aussagen der Wissenschaftlerinnen sowohl mit internationalen als auch mit anderen Befunden aus Deutschland.
Unter Erwachsenen
Gemäß einer Umfrage des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), die unter privaten Internetnutzern durchgeführt wurde, können auch Erwachsene Opfer von Cybermobbing werden. 12 % der Internetnutzer, die sich in mindestens einem Sozialen Netzwerk engagierten, gaben Mobbing sowie sexuelle Belästigung bezüglich ihrer Person an. Überwiegend waren hiervon weibliche Personen in der Altersklasse von 14 bis 39 Jahren betroffen.<ref>Polizeiliche Kriminalprävention: Cybermobbing ist kein Kinderspiel, vom 8. März 2011, aufgerufen am 25. August 2012</ref>
Lehrpersonal
Auf Bewertungsportalen wie Spickmich oder MeinProf können Schüler und Studenten anonym die Arbeit ihrer Lehrer und Professoren beurteilen. Die Meinungen zu diesen Foren sind geteilt. Während sie einerseits lediglich als Rückmeldemöglichkeit für Betroffene bezeichnet wird, fühlen sich andere durch die anonyme Kritik gemobbt. „Könnten Foren eine in Schulen oder Hochschulen fehlende Feedback-Kultur ausgleichen, wäre es nicht notwendig, dass sich kritische Schüler in der Verborgenheit des Internets verstecken und ein Ventil wie spickmich wäre überflüssig.“<ref>Die Angst der Lehrer. In: Die Zeit 40/2008</ref>
Gegen Firmen
Auch Firmen können Opfer von Cyber-Mobbing-(Rufmord-)Attacken oder -Kampagnen werden. Vor- und Nachsorge können hier so genannte Reputationsmanager treffen.<ref>Christian Scherg im Gespräch mit Christoph Heinemann: Mobbing digital - Was man gegen Diffamierungen im Netz tun kann. In: dradio.de, Deutschlandfunk, Interview, 10. Juni 2011 (31. Dezember 2011)</ref>
Ursachen
- Angst: Um nicht selbst zum Mobbingopfer zu werden, möchte man lieber zu einer aktiven, vermeintlich starken Gruppe gehören.
- Anerkennung: cool sein, das Bedürfnis, sich Geltung, Einfluss sowie Prestige zu verschaffen
- interkulturelle Konflikte: Unterschiedlichkeiten, Auseinandersetzungen aufgrund unterschiedlicher Nationalitäten, Sprachen, abweichendem Aussehen
- Langeweile: beispielsweise "aus Spaß" ein Foto von Jemandem negativ bewerten
- Machtdemonstration: das Bedürfnis, Stärke zu zeigen
- eigene Minderwertigkeitskomplexe: zur eigenen und fremden Ablenkung von diesen
- persönliche Krisen: das Zerbrechen einer Liebe, Freundschaft, Beziehung: Hass- oder Neidgefühle; oft wissen die Täter um intime Details
Gegenmaßnahmen
Zivilcourage
Abwehr
Wer Opfer von Cyberbullying wird, kann zunächst meist nur hilflos reagieren. Mittels Argumenten hat man gegen eine anonyme Gruppe keine Chancen. Mangelndes Selbstbewusstsein verschärft dabei die Situation unter Umständen. Als Außenseiter kann man wie im wirklichen Leben auch hier von der Internetcommunity nur schwerlich bzw. keinen Beistand erwarten: Steht erst einmal ein entwürdigendes Video im Netz, können es schnell Hunderte oder Tausende sehen und allzu schnell und einfach lässt sich eine bereits erfolgte Stigma nicht wieder entfernen. Hinzu kommt die Ungewissheit der Urheberschaft.
Eltern müssen mit den Betroffenen intensiv die Situation erörtern und auf alle Fälle im entsprechenden Fall die Schule informieren.<ref>klicksafe.de</ref> Erwachsene können bei Cyber-Mobbing gegen Kinder und Jugendliche auch eingreifen, indem sie möglichst schnell die Polizei informieren. Diese kann die Täter unter Umständen identifizieren und eine Strafverfolgung einleiten; das ist allerdings dadurch erschwert, dass entsprechende Server oft im Ausland angemeldet sind und sich damit einer eventuellen Strafverfolgung entziehen. Zivilrechtliche Unterlassungsansprüche wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung nach deutschem Recht gelten jedoch weltweit und entsprechende deutsche Gerichtsentscheidungen können auch im Ausland vollstreckt werden.<ref>Entfernung von Verleumdungen aus dem Internet bei ausländischem Gegner</ref>
Bei jedem seriösen Netzwerkanbieter bzw. Seitenbetreiber besteht die Möglichkeit, beleidigende, unseriöse, unethische oder sonst wie auffallende Seiten, Profile oder Darstellungen zu melden und ihre Löschung zu beantragen.
Die Verbesserung der Medienkompetenz und des Verständnisses von Eltern, Lehrern und Erziehern steht mit an erster Stelle der Vorsorge. Der gut gemeinte Ratschlag, Computer und/oder Handy einfach auszuschalten und auszulassen, greift in einer medialen und vernetzten Wirklichkeit zu kurz; zudem gelten diese Regeln – sofern sie je von den Verantwortlichen aufgestellt wurden – nur bis zum Unterrichtsende, so dass sich diejenigen Fälle, bei denen nach der Schule entwürdigende Szenen gegebenenfalls mitgefilmt werden, durch diesen Ratschlag weder beeinflussen noch ausschließen lassen.
Reaktion
Schnelles Handeln und Prävention kann Mobbing im Netz vermindern oder im besten Fall sogar verhindern: Vorlage:Zitat
Die Schulleitung reagierte sofort. Die beiden Klassenkameraden, die unter ihrem eigenen Namen gemobbt hatten, mussten die Schule verlassen. Patrick hat sich also nicht zum Opfer machen lassen und er empfiehlt auch anderen, keine Angst aufkommen zu lassen: Vorlage:Zitat
Viele Opfer wagen nicht, sich zu öffnen und andere zu informieren, weil sie fürchten, noch weiter ins (vermeintliche) soziale Abseits zu geraten.<ref>Evi Seibert: Wer mobbt, fliegt raus. In: swr3.de, 4. Mai 2011 (4. Mai 2011)</ref>
Erste Hilfe, Selbsthilfe
Vorsorge
Generell muss in der digitalen Wirklichkeit wie im analogen Leben das allgemeine Prinzip der Verantwortlichkeit gelten: Alle sind selbst für das verantwortlich, was sie sehen, tun (oder unterlassen), veröffentlichen usw.<ref name="DLF ZD 28-12-011"/>
Persönliche
Bisher gibt es noch sehr wenig Forschung zur Prävention von Cyber-Mobbing. Allerdings zeigen erste Studien, dass es möglich ist, das Risiko zu senken, Opfer zu werden.<ref>S. Urbasik, S. Pieschl, September 2010: Protective factors that reduce or prevent cyberbullying: Vortrag bei dem 47. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, Bremen</ref> Allgemein anerkannt ist, bei der Bewegung im Internet nicht leichtfertig persönliche Daten und Darstellungen in schriftlicher und/oder bildlicher Form zu hinterlassen, um sich nicht in besonderer Weise angreif- und verletzbar zu machen. Ebenso ist das Mobben von anderen oder das Nutzen von Chaträumen mit extremen Inhalten ein Risikofaktor.<ref>C. Katzer, D. Fetchenhauer, 2007: Cyberbullying: Aggression und sexuelle Viktimisierung in Chatrooms. In: M. Gollwitzer, J. Pfetsch, V. Schneider, Schulz, T. Steffke & C. Ulrich (Hrsg.): Gewaltprävention bei Kindern und Jugendlichen. Band I: Grundlagen zu Aggression und Gewalt in Kindheit und Jugend. Hogrefe</ref>
durch Aufsichtspersonen
Ausbildung Lehrpersonal
Das Thema und der Erwerb von Medienkompetenz muss strukturell in der pädagogischen Ausbildung verankert werden.<ref name="DLF ZD 28-12-011">Beschimpft, verleumdet, bedroht - Cybermobbing in der Schule. In: dradio.de, Deutschlandfunk, Zur Diskussion, 28. Dezember 2012 (31. Dezember 2012)</ref>
Empowerment
Die allgemeine Stärkung des Selbstbewusstseins von Kindern und Jugendlichen (engl. Empowerment, dt. etwa Bestärkung) sowie die Schaffung eines Problembewusstseins bei den Tätern sowie die Sensibilisierung der Gesellschaft: Der respektvolle und sichere Umgang mit den Neuen Medien muss thematisiert und kann geübt und diskutiert werden, um Selbstachtung, Durchsetzungsvermögen, Eigen- und Mitverantwortlichkeit sowie das Entwickeln von Freundschaften zu unterstützen. Mittlerweile wird das Problem immer mehr erkannt, Fortbildungskonzepte werden entwickelt.<ref>Andrea Escher: Schüler klären über Schikane im Internet auf. In: badische-zeitung.de, Lokales, Neuenburg, 18. Mai 2010 (6. Juni 2010)</ref>
Auch kleinere medienpädagogische Projekte können hier bereits einen Beitrag leisten.<ref name="DLF ZD 28-12-011"/>
Eltern
Firmen, Institutionen
Netzwerkbetreiber, Anbieter
Grundsätzlich haben die Betreiber von sozialen Netzwerken im Internet ein starkes Interesse, Cyber-Mobbing einzudämmen, denn ihr Erfolg hängt entscheidend ab von ihrem guten Ruf und einem guten Klima in ihrer Community. Ihre Mitglieder müssen zum Teil persönliche Daten veröffentlichen, um an den Aktivitäten des Netzwerks teilnehmen zu können und machen sich damit besonders angreifbar für Cyber-Mobbing. Daher wird mit Aufklärungsaktionen versucht, vor allem Jugendliche zu erreichen; die Aktionen sind häufig mit Werbung für das jeweilige Netzwerk verbunden.
Ein Jugendbeauftragter von SchülerVZ sah eine große Chance für mehr Sicherheit im Netz in der Zusammenarbeit zwischen Schülern und Lehrern: Vorlage:Zitat
Mittlerweile (Dezember 2011) haben einige große Social Network-Anbieter so genannte Notfallbuttons auf ihren Seiten installiert, mit denen man unmittelbar etwaige Angriffe, Belästigungen, Beleidigungen, Verletzungen usw. direkt an Verantwortliche melden kann.<ref name="DLF ZD 28-12-011"/>
Schulen
Sie können gemeinsam mit Eltern einen Verhaltenskodex entwickeln sowie Mobbingbeauftragte benennen, deren Aufgabenfeld sich auf das Cyber-Mobbing erstreckt. Das sogenannte Streitschlichter-Konzept bietet darüber hinaus auch hier Konfliktbearbeitungsmöglichkeiten.<ref>ZDFheute</ref>
In Hamburg wurde im Februar eine Initiative zur Förderung der Datenschutzkompetenz an Hamburger Schulen vorgestellt. Im Rahmen von Unterrichtseinheiten soll mit Schülern das Leben in der virtuellen Welt eingeübt werden: Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und seine Behörde sind Initiatoren des Projektes: Vorlage:Zitat
Staat, Gesetzgebung, Rechtsprechung
In Deutschland wird der Begriff Cybermobbing (bisher, Dezember 2011) nicht als eigener Straftatbestand aufgeführt; unter Umständen könnte eine entsprechende Installation dazu führen, dass das Problem ernster genommen wird- analog der Entwicklung beim Stalking. Die (Straf-)Gesetzgebung wird ansonsten allgemein als ausreichend erachtet; Missouri hat als erster amerikanischer Bundesstaat eine entsprechende eigene Gesetzgebung erlassen.<ref name="DLF ZD 28-12-011"/>
In Großbritannien wurde bereits von staatlicher Seite gegen Cybermobbing vorgegangen. Dort wurden neue, spezielle Richtlinien für den Umgang mit dem Problem erlassen.<ref>Großbritannien macht gegen Cyber-Mobbing mobil. In: pressetext.de, pressetext.austria, 26. Juli 2006</ref>
Unternehmen
Gut ausgebildete und ständig betreute Social Media-Kanäle zählen zu den besten Vorsorgemöglichkeiten gegen Cyber-Mobbing für Unternehmen. Kommt es zu Nutzerkritiken, kann die Kritik auf den eigenen Plattformen kontrolliert, überblickt und kommentiert werden. Vernachlässigen Unternehmen die Pflege der Online-Präsenzen, erhöht sich die Gefahr, dass sich die Kritik auf viele verschiedene Webseiten verlagert und so für Unternehmen zur Gefahr für die Reputation und das Tagesgeschäft wird.<ref>Cybermobbing - ein gesellschaftliches Problem, revolvermaenner.com, 25. Juli 2011</ref>
Therapie
Opfer
Täter
Hier wird die Therapie an eventuell vorliegenden (narzisstischen Persönlichkeitsstörungen) ansetzen (wie bereits oben erwähnt).
Rechtslage
Deutschland
Cyber-Mobbing ist in Deutschland kein eigener Straftatbestand. Allerdings sind einzelne Formen von Cyber-Mobbing strafbar und können Gegenstand zivilrechtlicher Ansprüche sein (etwa Unterlassung und Schadenersatz).<ref>Übersicht über die Rechtslage und psychologische Aspekte des Cybermobbings.</ref> In Betracht kommen insbesondere Beleidigungsdelikte (Straftatbestände der §§ 185 ff. StGB), Delikte betreffend Verletzung des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs (§§ 201 ff. StGB), Straftaten gegen die persönliche Freiheit (§§ 232 ff., insbesondere § 238 StGB (Nachstellung)), Verletzungen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG), des Rechts am eigenen Namen (§ 12 BGB), des Rechts am eigenen Bild (§ 22 ff. KUG) oder des wirtschaftlichen Rufs (§ 824 BGB).
Cybermobbing findet allerdings auch in Foren oder auf Webseiten statt, die sich der deutschen Rechtsprechung völlig entziehen. Ein Großteil der als Cyber-Mobbing bezeichneten Aktivitäten haben sich auf Webseiten und Foren verlagert, die im Ausland angemeldet sind; allerdings ist es nach wie vor auch noch in deutschen sozialen Netzwerken ein Problem.<ref>zdf.de, Mediathek</ref>
Das Jugendschutzgesetz enthält spezielle Passagen, die sich auf Mediennutzung beziehen.<ref>heise.de, 14. Februar 2007: Medienwissenschaftler: Kein neues Gesetz für Gewaltspiele nötig</ref> Im Zusammenhang mit gewalthaltigen Medien erscheint der Teilaspekt der Nachahmung, das Aufgreifen und Ausleben einer Idee durch junge Menschen als relevant für das Verständnis auch von Schulschießereien. Darauf deuten dort Nachahmungen von Heldenfiguren durch die Täter.<ref>spiegel.de, 20. November 2006: Video-Vermächtnis mit Waffe, Mantel, Kampfstiefeln</ref> aus bekannten Filmen oder Computerspielen hin. Die Gefahr von Nachahmungstaten und Trittbrettfahrern steige zudem durch die Häufung der Fälle und der Medienpräsenz.
Bisher wird in Deutschland allerdings im Gegensatz z. B. zum Vorgehen in England keine kriminalpolizeiliche Statistik über den Einfluss von Cyber-Mobbing auf Suizide (von Jugendlichen) geführt.<ref name="DLF HG 28-12-011"/>
Beispiele
Das OLG Köln stellte im November 2007 fest, dass „eine Bewertung unter den genannten Kriterien durchaus für eine Orientierung von Schülern und Eltern dienlich und zu einer wünschenswerten Kommunikation, Interaktion und erhöhter Transparenz führen kann. Gerade der schulische Bereich und die konkrete berufliche Tätigkeit von Lehrern sind durch Bewertungen gekennzeichnet, so dass es – auch vor dem Hintergrund eines Feedbacks – nahe liegt, diese im Rahmen einer Evaluation zurückzugeben. Sie stellen, obwohl in Notenstufen angegeben, eher gegriffene, subjektive Einschätzungen widerspiegelnde Wertungen dar, die dennoch geeignet sein können, Schülern und Lehrern eine gewisse Orientierung in der Einschätzung der bewerteten Kriterien zu ermöglichen.<ref>OLG Köln, Urteil vom 27. November 2007 - 15 U 142/07</ref> Die genannten Foren können die Nutzung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit unterstützen, da keine direkten Repressalien zu befürchten sind. Beispielsweise würden wahrscheinlich kurz vor anstehenden Beurteilungen wenige Schüler Unterrichtsmethoden ihres Lehrers als gerade ausreichend oder befriedigend bewerten. Grundrechtlich geregelt ist die Meinungsfreiheit in Art. 5 GG, welche allerdings ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre findet.
Selbst unter Pseudonym wurde die private Meinungsäußerung von Rechtsprechungsseite gewürdigt:<ref>LG Hamburg, Urteil vom 4. Dezember 2007 – Az. 324 O 794/07</ref> „Es steht außer Frage, dass die Möglichkeit, sich unter einem Pseudonym zu äußern, für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung von Nutzen sein kann. Das gilt dann, wenn der Äußernde ohne diese Möglichkeit aus Angst vor ungerechtfertigten Repressalien von einem an sich schutzwürdigen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung abgehalten werden könnte.“ Der Schutz von Meinungsäußerungen tritt regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrechtsschutz zurück, wenn sich die betreffenden Äußerungen als Schmähung darstellen.<ref>BGH, Urteil vom 27. März 2007 - Az. VI ZR 101/06</ref> Eine Äußerung ist als Schmähkritik anzusehen, wenn sie sich nicht auf eine Auseinandersetzung in der Sache bezieht, sondern jenseits einer polemischen und überspitzten Kritik in der persönlichen Herabsetzung des Betroffenen besteht.<ref>BVerfGE 93, 266</ref>
International
Asien
Südkorea hat 2007 ein Gesetz zu Vermeidung von Mobbing im Internet vorgelegt.<ref>Südkorea: Gesetze gegen Cyber-Mobbing, testticker.de, 28. Juni 2007</ref>
Frankreich
Hier hat sich Anfang Mai 2011 der Erziehungsminister mit dem Internet-Netzwerk-Anbieter und Unternehmen Facebook zusammengetan: Mobber sollen identifiziert und unter Umständen von Unterricht und/ oder Schule ausgeschlossen werden. Lehrer sollen Blog-Einträge kontrollieren.<ref>swr3.de, 4. Mai 2011, Evi Seibert: Wer mobbt, fliegt raus (4. Mai 2011)</ref>
USA
In den USA ließ sich 2009 auf gesamtstaatlicher Ebene der Vorwurf des Cyber-Bullyings, auch mit tödlichem Ausgang, unter der dort herrschenden Rechtslage nicht fassen.<ref>heise vom 4. Juli 2009: Straffreiheit für Cyber-Bullying</ref> In einem Präzedenzfall hat ein Bundesrichter schließlich sogar die Verurteilung einer 50-jährigen Mutter wegen unautorisierten Zugangs zu einem Computer (sie hatte sich mit falschen Angaben angemeldet) aufgehoben, weil nach Ansicht des Richters kaum jemand die umfangreichen Nutzungsbedingungen eines Anbieters gründlich lese und beherzige. Gemeinsam mit ihrer 13-jährigen Tochter hatte sie unter falscher Identität eine Bekannte ihrer Tochter im Netzwerk MySpace gemobbt, was zum Suizid des Mädchens führte.
Der Bundesstaat Missouri führte 2008 ein Gesetz gegen Cybermobbing ein.<ref>Weltweit erstes Gesetz gegen Cybermobbing. In: Spiegel Online, 1. Juli 2008</ref> Dort hatte die Selbsttötung des Teenagers große Empörung ausgelöst.<ref>Tod eines Teenagers. In: Spiegel Online, 18. November 2007</ref><ref>stalking-forum.de, 20. Mai 2008: Cyberstalking: Online zum Selbstmord (27. November 2010)</ref>
Der Bundesstaat New Jersey erließ nach dem Selbstmord eines Studenten das bislang als in den USA am strengsten geltende entsprechende Gesetz gegen Gewalt und Mobbing an Schulen und Hochschulen.<ref name="DLF HG 28-12-011">Uschi Götz: Kein Aufatmen nach Schulschluss - Wenn Mobbing im Internet zur Dauerqual wird. In: dradio.de, Hintergrund, 28. Dezember 2012 (31. Dezember 2011)</ref>
Im Frühjahr 2011 fand am amerikanischen Regierungssitz im Weißen Haus in Washington, D.C. ein Anti-Mobbing-Gipfel statt. Das Unternehmen Facebook erklärte dort, in Zukunft Streitschlichter einsetzen zu wollen.<ref name="DLF HG 28-12-011"/>
Siehe auch
- Cyber-Grooming
- Diffamierung
- Happy Slapping
- Image, Leumund
- Mobbing, Mobbing in der Schule
- Renommee, Reputation
- Sexting, Stalking
- Üble Nachrede
Veröffentlichungen
Jugendbücher
- Florian Buschendorff: Geil, das peinliche Foto stellen wir online! (Jugendroman zum Thema Cyber-Mobbing, 112 Seiten), Mülheim an der Ruhr, 2010, ISBN 978-3-8346-0729-4
Fachliteratur
- Stephanie Pieschl, Torsten Porsch. Schluss mit Cybermobbing! Das Trainings- und Präventionsprogramm "Surf-Fair". Weinheim: Beltz, 2012. ISBN 9783407627766
- Nayla Fawzi: Cyber-Mobbing. Ursachen und Auswirkungen von Mobbing im Internet, Baden-Baden, 2009, Nomos (Internet Research, Bd. 37). ISBN 9783832948887
- Sönke Gerhold: Das System des Opferschutzes im Bereich des Cyber- und Internetstalking – Rechtliche Reaktionsmöglichkeiten der Betroffenen. Nomos, Baden-Baden 2010, ISBN 978-3-8329-5341-6
- Gabriela Herpell, Mechthild Schäfer: Du Opfer! - Wenn Kinder Kinder fertigmachen. Rowohlt, Reinbek 2010, ISBN 3-498-03006-X; Rowohlt TB 2012, ISBN 3-499-62658-6
- John Palfrey, Urs Gasser: Generation Internet, Die Digital Natives: Wie sie leben – Was sie denken – Wie sie arbeiten. Verlag Hanser – Wirtschaft, 2008, 440 Seiten, ISBN 3-446-41484-3
- Julia Riebel: Spotten, Schimpfen, Schlagen … Gewalt unter Schülern – Bullying und Cyberbullying. Landau, Verlag Empirische Pädagogik, ISBN 978-3-937333-79-3
- Christian Scherg: Rufmord im Internet - So können sich Firmen, Institutionen und Privatpersonen wehren, 2011, Ambition. ISBN 978-3-942821-01-8
- Niransana Shanmuganathan: Cyberstalking: Psychoterror im WEB 2.0, Information — Wissenschaft und Praxis, Band 61 (2010), Heft 2, S.91-95
- Rene Stephan: Cyber-Bullying in sozialen Netzwerken - Maßnahmen gegen Internet-Mobbing am Beispiel von schülerVZ. Boizenburg, Hülsbusch, ISBN 978-3-940317-64-3
Filme
- Philipp Käßbohrer: Gemeinsam Allein, Kurzfilm, 19 Minuten, Deutschland, 2008
- Kilian Riedhof: Homevideo, Fernsehfilm, 89 min, Deutschland 2010, Erstsendung: ARD, 19. Oktober 2011, ab 12 Jahren, nur von 20:00 bis 6:00Uhr verfügbar: ardmediathek.de; Inhaltsangabe, weiterführende Links: dasErste.de, Filmmittwoch im Ersten (23. Oktober 2011)
- Charles Binamé: Internet-Mobbing, Spielfilm, 88 Minuten, Vereinigte Staaten, 2011
Hörfunk
- Deutschlandfunk:
- Länderzeit, 27. November 2013, Petra Ensminger, Michael Roehl: deutschlandfunk.de: Hetze im Netz: Was tun gegen Cybermobbing? (7. Dezember 2011)
- Hintergrund, 28. Dezember 2012, Uschi Götz: dradio.de: Kein Aufatmen nach Schulschluss - Wenn Mobbing im Internet zur Dauerqual wird (31. Dezember 2011)
- Interview, 19. Oktober 2011, Hendrik Speck, Professor für Computerscience im Gespräch mit Christoph Heinemann: dradio.de: Dramatischer Kontrollverlust unserer klassischen Systeme (23. Oktober 2011)
Weblinks
- WWU Münster Forschung und Praxis zu Cyber-Mobbing an der WWU Münster
- Cyber-Mobbing bei klicksafe.de – Initiative für mehr Sicherheit im Netz
- Cyberbullying - Ideen und Links für Lehrkräfte im ZUM-Wiki
- Cyber-Mobbing: Belästigung via Internet, Bericht in den Westfälischen Nachrichten vom 27. November 2010
- medpaed.de, R. Bachmaier: Suizidforen und –chatrooms im Internet; Belästigung von Kindern/Jugendlichen in Chatrooms (27. November 2010)
- cyber-mobbing.ch Informationen über Cyberbullying für Eltern und Lehrer
Einzelnachweise
<references />